Veganer Weihnachtsbraten - wie jetzt? - packmas.jetzt

Veganer Weihnachtsbraten – wie jetzt?

Vegan ist in, quasi eine Mode. Bei diversen Lebensmittelskandalen rund um Nutztierhaltung nicht unverständlich. Also nun ein veganer Weihnachtsbraten?

Von Georg Sander

Noch sind nicht alle Grillpfannen des Landes weggeworfen, in denen Steak und Schnitzel gegessen wird, aber vor allem junge Menschen verzichten vermehrt auf Fleischprodukte. Wer kann es ihnen verdenken? Das beginnt schon beim Emotionalen, wenn man Bilder aus zertifizierten Betrieben mit rot-weiß-rotem Siegel sieht. Oder einen Tierlasttransport beobachtet. Und nebst dem Tierleid ist Fleischkonsum ein Faktor in der Klimakatastrophe. Zwischen 1961 und 2019 hat sich der Fleischverbrauch pro Kopf von 23 auf 43 Kilogramm im Jahr fast verdoppelt. Die riesigen Rinder- und sonstigen Herden brauchen Futter, Transport und emittieren noch selber genügend klimaschädliche Gase. Insgesamt beträgt der Anteil der Nutztierhaltung 15 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen. Das entspricht weltweit beinahe dem Anteil des Verkehrs.

CO2 wegessen?

Logisch ist auch, dass es andere Sektoren gibt, die ebenfalls schnellstens weg von CO2-Emissionen müssen, wie Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen oder eben unser Mobilitätsverhalten. Nur leider reicht es nicht, nur an einer einzigen Schraube zu drehen. Wenn man, wie dieser Tage ohnehin fast alle, verkühlt ist, Corona oder sonst was hat, dann nimmt man bei Gliederschmerzen, Hals- und Kopfschmerzen sowie einer verstopften Nase ja auch nicht nur ein Medikament, sondern mehrere. So viel sei auch gesagt: Niemand sagt, man muss von heute auf morgen sowie immer und ewig auf Fleisch bzw. tierische Produkte verzichten. Tatsächlich empfiehlt es sich zu wissen, welche Stoffe der Körper braucht. So legen Studien nahe, dass etwa das Vitamin B12, Omega-3-Fettsäuren oder andere bei rein veganer Ernährung nicht ausreichend aufgenommen werden können. Dafür haben veganer seltener Herz-/Kreislauferkrankungen. Allerdings muss man sich auch ansehen, welche Bevölkerungsgruppe sich eher vegan ernährt und das sind meistens jünger. Laut Umfragen ist die Gruppe prinzipiell ohnehin nicht allzu groß: In Deutschland ernährten sich 2021 lediglich zwei Prozent, vegetarisch sind es zehn Prozent. 55 Prozent hingegen meinten 2020, sie ernähren sich flexitarisch, sprich, sie verzichten auch einmal gerne auf Fleisch. Diese Gruppe treibe auch den Absatz an Ersatzprodukten voran. Und, nun zu den gesünderen Fleischverzichter:innen: In der Altersgruppe der 15-29-Jährigen ernähren sich doppelt so viele vegan/vegetariusch als bei den Älteren. ProVeg hat zudem beispielsweise Konsumgewohnheiten in Supermärkten ausgewertet. Europaweit gibt es in den letzten Jahren ein Rekordwachstum im Konsum pflanzlicher Produkte von 49 Prozent.

Aber wie schmeckt’s?

Zurück zum veganen Weihnachtsbraten. Mittlerweile gibt es dutzende Möglichkeiten, Fleisch zu ersetzen. Warum man das überhaupt macht? Nunja, es schmeckt ja nicht schlecht – oder man ist es einfach gewohnt. Aber außer bei wenigen Speisen wie Beef Tartare, einem Steak oder Backhendl, da kommen Ersatzprodukte nicht ran. Bei verarbeiteten Speisen ist das easy. Chicken Nuggets oder Faschiertes, Geschnetzeltes oder Döner sind schon sehr weit fortgeschritten im Geschmack. Umgekehrt muss nach einigen Jahren im Selbstversuch auch festgestellt werden: Wir haben hierzulande leider auch nicht die große Tradition, vegan/vegetarisch zu kochen. Seitan oder eine gevifte Zubereitung von Tofu – also mehr oder weniger auch Fleischersatz – haben beispielsweise in manchen Gegenden dieser Erde eine enorme Tradition hinsichtlich Zubereitungsformen. Auch Pilze können, sogar industriell nicht verarbeitet, eine leckere Alternative sein.

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Veganer Weihnachtsbraten hui oder pfui?

Was man letztlich aber eben nicht vergessen darf: Das Wissen, ein Schnitzerl, ein Gulasch oder einen Schweinsbraten herzustellen, wird seit Generationen weitergegeben. Das ist bei vegan/vegetarischen Speisen ganz anders. So ehrlich muss man auch sein: Wenn man selber viel mit Alternativen zu Fleisch kocht, dann ist so manches Gericht, das man sich beim Wirt bestellt, eine Enttäuschung. Aber wie auch? In der Ausbildung lernen Köch:innen wohl gegenwärtig vermutlich viel über die Zubereitung sogenannter Klassiker, aber eben weniger über einen Burger aus Kräuterseitlingen oder einen Braten aus Bohnen – wer übrigens veganen Weihnachtsbraten googelt, findet oftmals die Empfehlung, Fleisch durch Bohnen zu ersetzen.

Am Ende des Tages gibt es beim verganen Weihnachtsbraten eben ein Hauptproblem: Geschmäcker sind eben verschieden. Was Person A schmeckt, ist für Person B versalzen, zu wenig gesalzen, zu fettig, zu trocken und so weiter. Gefühlsmäßig – hier hilft leider keine Studie – ist die Sache mit dem Veganen und dem Geschmack ja eine selbsterfüllende Prophezeiung: Es kann schmecken. Oder auch nicht. Wer oft vegan speist, der kocht eben das nächste Mal besser oder bestellt etwas anderes. Wer fleischlos überhaupt nicht will, wird sich bestätigt fühlen, wenn es nicht schmeckt. Der Autor dieser Zeilen versucht sich beispielweise regelmäßig an Fleischgerichten, bei denen alles Fleischliche mit veganen Alternativen ersetzt wird, neulich Fleischlaberl. Selber schmeckte es nicht, die bekochte Person fand’s gut.

Wie viele Schnitzerl habt ihr je gegessen?

Zugegeben: Man muss sich an das “neue Essen” schon gewöhnen. Eiersatz schmeckt nie wie Ei; ein veganes Steak anders als ein “echtes”. Aber je öfter man es macht, desto besser wird, desto eher gewöhnt man sich an Nuancen. Und vielleicht vergisst man, wenn man sich gedrängt fühlt, auf Fleisch zu verzichten, dass jetzt auch nicht jedes Schnitzerl, dass man sich jemals gegönnt hat, ein kulinarischer Traum war. Das kann nämlich auch versalzen, zu wenig gesalzen, zu fettig, zu trocken und so weiter sein. Und, um es noch einmal klar zu sagen, es geht nicht darum, von heute auf morgen kein Milligramm tierischer Produkte zu ersetzen. Vielleicht muss es sogar zu Weihnachten nicht sein, wenn man teures Biofleisch kauft.

Alles, was es zu sagen gibt, ist, dass wir alle viel weniger tierische Produkte zu uns nehmen müssen. Damit kann man aber auch zu Weihnachten loslegen.

Fotocredit: Pixabay

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