Foodwatch-Report: Auch Bio-Tiere sind krank
Ein Report von Foodwatch zeigt, dass Tiere auch in Bio-Haltung massiv unter Krankheiten, Verletzungen und Schmerzen leiden.
Von Georg Sander
In den letzten Wochen erschütterten immer wieder Bilder aus Tierhaltebetrieben die österreichische Öffentlichkeit. Verendete oder offensichtlich verwahrloste Tiere – das sind nicht die Bilder, die die Lebensmittelindustrie gerne von sich selbst zeichnet. Diese Bilder schwarzer Schafe möchte natürlich niemand. Gerade aus der Massentierhaltung kommen solche Aufnahmen immer wieder ans Tageslicht. Eindeutig nachvollziehen können, wie die Tiere gelebt haben, das ist schwierig. In Deutschland möchte man da neu Wege gehen. Der grüne Agrarminister Cem Özdemir möchte ein Tierwohl-Label einführen, das in fünf Stufen zeigt, wie die Tiere gehalten werden. Zuerst war das auf Schweinefleisch angedacht. Stall, Stall+Platz, Frischluftstall, Auslauf/Freiland und Bio als Extra-Kategorie sollen den Menschen zeigen, wie die Tiere gelebt haben, bevor sie am Teller landen. “Unsere tierhaltenden Betriebe brauchen dringend eine verlässliche und langfristige Perspektive, damit sich Investitionen in Tierwohl und Klimaschutz lohnen”, erklärte im Sommer.
Foodwatch untersucht
Doch die Organisation Foodwatch zeichnet ein gänzlich anderes Bild von der Tierhaltung, auch im Bereich Bio. Nach einer Auswertung zahlreicher tiermedizinischer Studien kommt man zum Schluss, dass die Tiere in allen Haltungsstufen unter schweren, produktionsbedingten Krankheiten leiden. Der Unterschied zwischen Bio und konventionell ist dabei marginal: Knapp 40 Prozent aller Schweine in konventioneller Haltung haben krankhafte Befunde wie Lungenentzündungen, offene Wunden oder Abszesse – in der Bio-Haltung sind es mit 35 Prozent kaum weniger. Bis zu 39 Prozent aller Milchkühe leiden an schmerzhaften Erkrankungen der Klauen. Bei jeder zweiten Milchkuh in einem Bio-Stall wurden Euterentzündungen festgestellt. Bis zu 97 Prozent aller Legehennen weisen Knochenbrüche auf – in Käfighaltung ebenso wie in der Bio-Haltung.
Die öffentliche Diskussion um eine bessere Tierhaltung drehe sich laut Foodwacht bislang um neue Siegel oder Stallumbauten, dabei zeigen die Studien laut Albert Sundrum, ehemaliger Fachgebietsleiter Tierernährung und Tiergesundheit an der Universität Kassel: “Die Tiergesundheit ist das wichtigste Kriterium, nicht die Haltungsbedingungen. Eine lahme Kuh hat auch von einer Weide nichts.” Die Tiergesundheit sei eben das wichtigste Kriterium, nicht die Haltungsbedingungen. Annemarie Botzki, bei Foodwatch für Recherche und Kampagnen zuständig, fühlt sich an ein anderes riesiges Problem unserer Zeit erinnert: “Die Debatte um Tiergesundheit erinnert an die Klimakrise: Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig, werden aber politisch ignoriert.”
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Bisher gibt es in Deutschland keinerlei gesetzliche Vorgaben für Tierhalter:innen, dass sie ihre Tiere gesund halten müssen – weder in der ökologischen noch in der konventionellen Haltung. Das muss sich ändern. Foodwatch hat einen Leitfaden vorgestellt, wie das gelingen kann.
- Der Gesundheitszustand von Nutztieren muss für jeden Betrieb systematisch erfasst werden. Dafür können auch Daten verwendet werden, die bereits heute erhoben werden, zum Beispiel in Schlachthöfen.
- Auf Basis der erhobenen Daten muss ein überbetrieblicher Gesundheitsindex eingeführt werden, mit dem verglichen werden kann: Welche Betriebe schneiden gut ab? Welche Betriebe haben immer wieder Probleme mit kranken Tieren?
- Betriebe mit mangelhafter Tiergesundheit müssen beraten und zu Verbesserungen aufgefordert werden. Für Betriebe mit wiederholt schlechten Ergebnissen muss es Konsequenzen geben, etwa die Kürzung von Agrarsubventionen oder, als letztes Mittel, ein Tierhaltungsverbot. Landwirt:innen, die gut abschneiden, müssen hingegen belohnt werden. Sie könnten zum Beispiel von Molkereien und Schlachthöfen höhere Preise ausgezahlt bekommen.
Wer sich nun wiederum an einige Bilder aus den letzten Wochen aus Österreich zurück erinnert, muss feststellen, dass aber auch ein Gütesiegel nicht immer heißt, dass die Tiere sehr gut leben.
Fotocredit: Pixabay
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